Widerständige Archive. Resisting Archives. Direnişin Arsivlenmeşi,
archive research project and public one-day event,
together with Julia Wieger, Ipek Hamzaoglu, Malu Blume, Juliane Saupe, Andrea Haas, Ruth Lang, Katharina Swoboda
Wer tanzt im Archiv?,
lecture performance about embodied knowledge and bodies in archives,
20 min, together with Malu Blume
For several weeks, our working group was looking into queer feminist archives – first in a seminar at the Academy of Fine Arts Vienna, and later on with a specific focus on the archive of the VBKÖ (Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs, english: Austrian Association of Women Artists). On the occasion of the VBKÖ’s 100th birthday, we were looking for gaps, erasures and absences, for example during World War II and the post-war period. All the questions that remained unanswered in the archive, we tried to respond with artistic methods and practices.
For the project and presentation day, we invited other self-organized archives (bildwechsel in Hamburg, Archiv der Migration Wien, Stichwort-Archiv Wien) to share their practices and experiences about non-linear history and anti-hegemonic archiving. Furthermore, we presented parts or our research, including talks, readings, lecture performances, installations, discussions, etc.
Excerpts from the invitation:
WHAT CONSTITUTES A RESISTING ARCHIVE?
Is it the documented realities – events, experiences, feelings?
Is it the relations to hegemonic institutions and dominant narratives?
HOW CAN ARCHIVING BECOME RESISTANCE?
Is it about claims and demands?
About making marginalized histories visible?
Is it about practices of archiving?
Is it about the contextualization of an archive, or the production of a space?
About access or the creation of a public?
CAN RESISTANCE BE ARCHIVED?
What are the ways to capture it?
In which language?
How can one read it?
And where are the limits of archiving?
What cannot be kept in an archive?
Can an atmosphere or attitude be saved?
all pictures by Ipek Hamzaoglu
The lecture performance 'Wer tanzt im Archiv?' was shown in the context of the Widerständige Archive project, as well as in the exhibition Die Kunst der Frau – Freundinnen und Komplizinnen in the VBKÖ.
excerpts from the script
Herzlich Willkommen zur VBKÖ und zur 1. AUQFK*Öua - der ersten Archiv-Umordnung durch queer-feministische Künstler*innen Österreichs (unter anderem).
Kapitel 1: wiederkommen
Mit dem Archiv arbeiten heißt an einem Ort arbeiten. Es heißt auch mit einer Ordnung arbeiten. Es heißt manchmal, dabei ordentlich zu arbeiten.
Ordnung meint zum einen die Idee von Ordnung an sich; dass es überhaupt möglich und notwendig ist, Ordnung herzustellen. Es meint zum anderen aber auch eine bestimme Ordnung. Eine Ordnung, die wir orten können.
Wir haben uns gefragt, welche Körper schon hier gewesen sind, welche Körper hier drinnen noch verweilen und welche weggeräumt wurden.
(...)
Kapitel 3: das Ritual
Eine weitere Ordnung: Papier
Das entscheidende Kriterium darüber, wer oder was im Archiv landet: es ist aus oder auf Papier. Alle Informationen sind verschriftlicht. Alles, was verschriftlicht ist, heißt Information. In Form. Formation.
Die Firma Leitz, eine Firma für Büroartikel und Ordnungsmaterialien, kauft 1933 das Konkurrenz-Unternehmen „Grünewald‘s Registrator Co. Aktiengesellschaft“ (Gerco). Dieses war jüdisch geführt und wurde dadurch arisiert. Leitz hatte unter anderem den Hebel-Aktenordner erfunden, zur besseren Ordnungsfähigkeit bürokratischer Abläufe, und profitiert unter der NS-Regierung von deren Bürokratisier- und Verwaltungswut.
Eine weitere Ordnung: Schrift
Wenn ich etwas vorlese, bekommt der Text eine Farbe. Meine Stimme personalisiert das Geschriebene, ein Körper tritt hervor. Im Archiv gibt es kein einziges Audio-Dokument. Wir finden keine Stimmen, bis auf eine: die Handschrift.
Wir haben uns gefragt: Ist die Handschrift, mit ihren Ausdrucksmitteln wie Linie, Gestus, Dichte, Textur so etwas wie die Stimme auf Papier?
Die Performance-Theoretikern Diana Taylor stellt das Wissen im Archiv dem Wissen im Repertoire gegenüber. Das Archiv, so wie wir es kennen, versammelt ein Wissen anhand materieller Objekte, andauernd oder bei Diana Taylor „supposedly enduring materials (e.g., texts, documents, buildings, bones)“. Das Repertoire hingegen versammelt Wissenspraxen, die vergänglich und auf Wiederholung angewiesen sind, oder im Text: „embodied practice/knowledge (e.g., spoken language, dance, sports, ritual)“
(...)
Widerständige Archive. Resisting Archives. Direnişin Arsivlenmeşi,
archive research project and public one-day event,
together with Julia Wieger, Ipek Hamzaoglu, Malu Blume, Juliane Saupe, Andrea Haas, Ruth Lang, Katharina Swoboda
Wer tanzt im Archiv?,
lecture performance about embodied knowledge and bodies in archives,
20 min, together with Malu Blume
For several weeks, our working group was looking into queer feminist archives – first in a seminar at the Academy of Fine Arts Vienna, and later on with a specific focus on the archive of the VBKÖ (Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs, english: Austrian Association of Women Artists). On the occasion of the VBKÖ’s 100th birthday, we were looking for gaps, erasures and absences, for example during World War II and the post-war period. All the questions that remained unanswered in the archive, we tried to respond with artistic methods and practices.
For the project and presentation day, we invited other self-organized archives (bildwechsel in Hamburg, Archiv der Migration Wien, Stichwort-Archiv Wien) to share their practices and experiences about non-linear history and anti-hegemonic archiving. Furthermore, we presented parts or our research, including talks, readings, lecture performances, installations, discussions, etc.
Excerpts from the invitation:
WHAT CONSTITUTES A RESISTING ARCHIVE?
Is it the documented realities – events, experiences, feelings?
Is it the relations to hegemonic institutions and dominant narratives?
HOW CAN ARCHIVING BECOME RESISTANCE?
Is it about claims and demands?
About making marginalized histories visible?
Is it about practices of archiving?
Is it about the contextualization of an archive, or the production of a space?
About access or the creation of a public?
CAN RESISTANCE BE ARCHIVED?
What are the ways to capture it?
In which language?
How can one read it?
And where are the limits of archiving?
What cannot be kept in an archive?
Can an atmosphere or attitude be saved?
all pictures by Ipek Hamzaoglu
The lecture performance 'Wer tanzt im Archiv?' was shown in the context of the Widerständige Archive project, as well as in the exhibition Die Kunst der Frau – Freundinnen und Komplizinnen in the VBKÖ.
excerpts from the script
Herzlich Willkommen zur VBKÖ und zur 1. AUQFK*Öua - der ersten Archiv-Umordnung durch queer-feministische Künstler*innen Österreichs (unter anderem).
Kapitel 1: wiederkommen
Mit dem Archiv arbeiten heißt an einem Ort arbeiten. Es heißt auch mit einer Ordnung arbeiten. Es heißt manchmal, dabei ordentlich zu arbeiten.
Ordnung meint zum einen die Idee von Ordnung an sich; dass es überhaupt möglich und notwendig ist, Ordnung herzustellen. Es meint zum anderen aber auch eine bestimme Ordnung. Eine Ordnung, die wir orten können.
Wir haben uns gefragt, welche Körper schon hier gewesen sind, welche Körper hier drinnen noch verweilen und welche weggeräumt wurden.
(...)
Kapitel 3: das Ritual
Eine weitere Ordnung: Papier
Das entscheidende Kriterium darüber, wer oder was im Archiv landet: es ist aus oder auf Papier. Alle Informationen sind verschriftlicht. Alles, was verschriftlicht ist, heißt Information. In Form. Formation.
Die Firma Leitz, eine Firma für Büroartikel und Ordnungsmaterialien, kauft 1933 das Konkurrenz-Unternehmen „Grünewald‘s Registrator Co. Aktiengesellschaft“ (Gerco). Dieses war jüdisch geführt und wurde dadurch arisiert. Leitz hatte unter anderem den Hebel-Aktenordner erfunden, zur besseren Ordnungsfähigkeit bürokratischer Abläufe, und profitiert unter der NS-Regierung von deren Bürokratisier- und Verwaltungswut.
Eine weitere Ordnung: Schrift
Wenn ich etwas vorlese, bekommt der Text eine Farbe. Meine Stimme personalisiert das Geschriebene, ein Körper tritt hervor. Im Archiv gibt es kein einziges Audio-Dokument. Wir finden keine Stimmen, bis auf eine: die Handschrift.
Wir haben uns gefragt: Ist die Handschrift, mit ihren Ausdrucksmitteln wie Linie, Gestus, Dichte, Textur so etwas wie die Stimme auf Papier?
Die Performance-Theoretikern Diana Taylor stellt das Wissen im Archiv dem Wissen im Repertoire gegenüber. Das Archiv, so wie wir es kennen, versammelt ein Wissen anhand materieller Objekte, andauernd oder bei Diana Taylor „supposedly enduring materials (e.g., texts, documents, buildings, bones)“. Das Repertoire hingegen versammelt Wissenspraxen, die vergänglich und auf Wiederholung angewiesen sind, oder im Text: „embodied practice/knowledge (e.g., spoken language, dance, sports, ritual)“
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